Die Konzentration der Insolvenzgerichte im Rahmen des SanInsFoG
Unter dem 18. September 2020 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einen RefE für ein „Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechtes (SanInsFoG)“ vorgelegt. Seit Mitte Oktober liegt auch ein Regierungsentwurf hierzu vor.
Wie bereits vor 10 Jahren nach der Finanzkrise und damit verbundenen steigenden Insolvenzzahlen, ist auch im Zuge der Coronakrise mit voraussichtlich stark steigenden Fallzahlen eine Konzentration der Insolvenzgerichte geplant. Unternehmensinsolvenzverfahren sollen danach künftig ausschließlich an einem Insolvenzgericht im Landgerichtsbezirk durchgeführt werden.
Dazu heißt es im Regierungsentwurf:
„Die Ermächtigung der Landesregierungen zur sachdienlichen Förderung oder schnelleren Erledigung von Insolvenzverfahren zusätzliche Amtsgerichte zu bestimmen, wird auf Verbraucherinsolvenzverfahren und die besonderen Arten des Insolvenzverfahrens des Elften Teils der InsO beschränkt. Hierdurch wird eine Empfehlung der ESUG-Evaluierung aufgegriffen. Zum Aufbau spezifischer Expertise für ESUG-Verfahren wird im Forschungsbericht die Konzentration der gerichtlichen Zuständigkeit auf höchstens ein Amtsgericht je Landgerichtsbezirk empfohlen und ein weitergehender Ansatz präferiert, wonach je Oberlandesgerichtsbezirk nur ein Amtsgericht zuständig sein soll (ESUG-Evaluierung, Forschungsbe richt, S. 239). Durch die Änderungen wird zukünftig ein Insolvenzgericht je Landgerichtsbezirk für Unternehmensinsolvenzen zuständig sein. Eine weitergehende Konzentration wird nicht zwingend vorgegeben, kann von den Ländern jedoch vorgenommen werden.“
Es spricht aus diesseitiger Sicht nichts dagegen, Restrukturierungsverfahren oder sehr große Insolvenzverfahren an speziellen Gerichten mit hoher Expertise zu konzentrieren. Eine Konzentration aller Unternehmensinsolvenzverfahren wäre hingegen in weit über 90% aller Fälle für die Beteiligten des Verfahrens mit Sicherheit kontraproduktiv. Bisher gibt es in einem großen Gerichtsbezirk mehrere Amtsgerichte. Dadurch würde eine große Anzahl von Insolvenzgerichten wegfallen und mit ihnen etliche Verwalterbüros in ländlichen Regionen. Der Gerichtsbezirk des Landgerichts München II würde bis in die südlichsten Spitzen Bayerns reichen.
Zu den damit verbundenen Problematiken haben wir bereits vor 10 Jahren mit allen am Amtsgericht Wolfratshausen tätigen Insolvenzverwalter:innen einen Aufsatz geschrieben, der wie folgt zu den Kosten Stellung nimmt:
„Nachdem belastbare Zahlen bisher nicht vorliegen, verbietet sich eine Argumentation auf dieser Ebene zugunsten der Konzentration. Es ist aber jetzt schon davon auszugehen, dass alle Beteiligten zum „großen“ Insolvenzgericht weitere Wege zurücklegen müssen, nämlich die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, die Richterinnen und Richter, Verwalter, Schuldner und Gläubiger. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Kosten, die bei einem objektiven Kostenvergleich mit eingerechnet werden müssen. Zudem wird man bei den „großen“ Insolvenzgerichten neue Gebäude bauen oder anmieten müssen. Auch dies verursacht weitere Kosten. Arbeitsplätze in der Region werden abgezogen und in die größeren Städte verfrachtet. Ohne belastbare Zahlen kann das Kostenargument für eine Konzentration nicht herangezogen werden. Der RegE schweigt hierzu.“
Es erscheint verwunderlich, dass man – gerade in Zeiten, in denen auf Wissenschaft, Evidenz und belastbare Entscheidungsgrundlagen wert gelegt wird, ohne belastbare Zahlen nun 10 Jahre später wieder diesen zweifelhaften Weg einzuschlagen gedenkt. Die Probleme sind nicht geringer geworden: Qualifizierte Bewerber:innen für Stellen in Großstädten wurden nicht mehr und auch die Kosten für die Anmietung der benötigten Räumlichkeiten dürften stark gestiegen sein, hochqualifizierte Arbeitsplätze sollten nicht gefährdet sondern geradezu dringlich erhalten werden etc.
Auf der anderen Seite haben wir belastbare Zahlen: